Große Heidelibelle
Sympetrum striolatum
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Sympetrum striolatum ist eine holomediterran verbreitete Art, die in weiten Teilen Europas vorkommt und nur im mittleren und nördlichen Skandinavien sowie im äußersten Norden der Britischen Inseln fehlt (Dijkstra & Lewington 2006). Das Verbreitungszentrum der Art liegt im Mittelmeerraum. Im Norden und Nordosten ihres Areals nimmt die Häufigkeit ab. In Deutschland, wie auch in den angrenzenden Niederlanden ist S. striolatum zerstreut verbreitet und kommt in allen Landesteilen vor (Brockhaus et al. 2015, NVL 2002).
In Nordrhein-Westfalen gehört S. striolatum zu den häufigen Arten. Als wärmeliebende Art ist S. striolatum in Nordrhein-Westfalen hauptsächlich im Tiefland verbreitet. So sind thermisch begünstigte Räume wie die Westfälische Bucht, das Ruhrgebiet und das Niederrheinische Tiefland überwiegend dicht besiedelt, während die Art in den höheren Lagen des Süderberglandes und der Eifel auf weiten Strecken fehlt. In den tieferen Lagen und in den Tälern dringt die Art hingegen zum Teil tief ins Bergland vor, wie beispielsweise im Niederbergischen Land, wo die Art mit einer hohen Rasterfrequenz nachgewiesen wurde. Wie andere Arten ist sie allerdings in einigen intensiv genutzen Agrarlandschaften selten, so zum Beispiel in der nördlichen Voreifel. Die Situation im Süderbergland wird zusammenfassend bei Schlüpmann (2000b) diskutiert. Dem Verbreitungsschwerpunkt in den niedrigen Lagen entsprechend ist S. striolatum vor allem unterhalb von 100 m ü.NN zu finden. In Höhenlagen oberhalb von 300 m ü.NN ist die Art gemessen an allen Libellennachweisen nur gering vertreten. So wurde sie von Bussmann (2000) im nordwestlichen Sauerland oberhalb von 400 m ü.NN nicht nachgewiesen. Der höchste Fund aus Nordrhein-Westfalen stammt aus einer Höhenlage von 620 m ü.NN im NSG Vennhochfläche bei Mützenich [5403/1].
Während die Art zum Beispiel Anfang der 1980er Jahre im Kreis Unna außerhalb des Lippegebietes ausgesprochen selten war, ist sie heute dort in allen Städten und Gemeinden weit verbreitet, was zumindest teilweise auf die Zunahme von Artenschutzgewässern und Gartenteichen zurückzuführen ist. Inwieweit sich Klimaänderungen auf eine weitere Arealausdehnung auswirken beziehungsweise bereits ausgewirkt haben, lässt sich zumindest bei der derzeitigen Verbreitung nicht ausführen. Immerhin geben bereits Kolbe (1878a) für Münster und Kriege (1914) für Bielefeld S. striolatum als “nicht selten” an.
S. striolatum und Sympetrum vulgatum (Gemeine Heidelibelle) haben ähnliche Ansprüche an ihre Fortpflanzungsgewässer. Nach Sternberg & Buchwald (2000) können an Gewässern, an denen beide Arten vorkommen, jahrweise erhebliche Schwankungen der Populationsgrößen auftreten. Dies führt nicht selten dazu, dass Imagines einer der beiden Arten in manchen Jahren ganz ausbleiben können, obwohl sie am Gewässer durch Larvenfunde als bodenständig belegt sind.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Sympetrum striolatum zeichnet sich durch eine vergleichsweise hohe Wärmebedürftigkeit für die Entwicklung der Larven aus. Dementsprechend werden Gewässer bevorzugt, die sich relativ rasch erwärmen. So werden vorzugsweise flachere Kleingewässer mit geringerer bis mittlerer Vegetationsdeckung besiedelt. An Gartenteichen tritt sie als Pionierart regelmäßig auf, verschwindet aber manchmal wieder, wenn die Gewässer stärker zugewachsen sind. Insgesamt umfasst das Biotopspektrum sämtliche Typen an stehenden Gewässern, daneben werden auch gelegentlich langsam fließende Gewässer wie Gräben, Quelltümpel und Schifffahrtskanäle bewohnt. In den Heidesandgebieten findet sich S. striolatum an Moorgewässern, nicht jedoch an oligotrophen, sauren Hochmoortümpeln. Auch sonst werden neben naturnahen viele anthropogene Habitate bewohnt. Neben Kleingewässern werden auch sehr große Gewässer wie Altwässer, Bergsenkungsweiher im Ruhrgebiet, große Sand- und Kiesabgrabungen sowie Seen besiedelt. Angesichts des breiten Biotopspektrums ist auch die strukturelle Ausstattung der Gewässer ganz verschiedenartig. Die Imagines bevorzugen offene Bereiche. An großen Gewässern mit dichter Röhricht- oder Hochstaudenzone findet man die Imagines am ehesten auf benachbarten Wegen. Erst gegen Ende der Flugzeit werden auch Gewässer und Gewässerabschnitte beflogen, die stärker bewachsen sind (Jödicke et al. 1989). Auch Paarung und Eiablage finden dann hier statt. Allerdings lässt sich dieses Verhalten nicht für alle Regionen gleichermaßen bestätigen. Hinsichtlich der Wasserqualität der besiedelten Gewässer lassen sich keine signifikanten Aussagen machen. Bezüglich Chemismus, Säuregrad und Gewässergüte hat die Art offenbar keine besonderen Ansprüche. Lediglich stark saure oder übermäßig mit Fäkalien und Industriechemikalien verunreinigte Gewässer werden nicht besiedelt.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Die Flugzeit von Sympetrum striolatum beginnt in Nordrhein-Westfalen in der ersten Junidekade und erstreckt sich bis in die letzte Novemberdekade. Das Maximum an Beobachtungen fällt in das zweite Augustdrittel. Der früheste Nachweis der Art stammt vom 17.05.(1993). Das Maximum an Exuvienfunden liegt im letzten Julidrittel, in den folgenden zwei Dekaden liegt die Zahl nur unerheblich darunter. Spärliche Exuviennachweise liegen auch noch aus dem ersten Novemberdrittel vor. Der späteste Nachweis eines Imago gelang am 28.11.(2006).
Gefährdung und Schutz
Sympetrum striolatum gilt in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen als „ungefährdet“ (Ott et al. 2015; Conze & Grönhagen 2011).
Lediglich in einzelnen Regionen Nordrhein-Westfalens, in denen nur vereinzelte, isolierte Gewässer besiedelt sind, besteht die Gefahr eines lokalen Erlöschens. Die Arealgrenze der Art wird in Nordrhein-Westfalen nicht erreicht, wohingegen die Höhengrenze hier momentan bei etwa 620 m ü.NN liegt. Eine Abnahme der Art nach Norden hin kann in Nordrhein-Westfalen nicht festgestellt werden. Neben der Erhaltung gut besonnter Fortpflanzungsgewässer mit sich schnell erwärmenden Flachwasserzonen sind auf Grund der weiten Verbreitung und der Häufigkeit der Art in Nordrhein-Westfalen keine artspezifischen Schutzmaßnahmen erforderlich. Die Imagines von S. striolatum dürften auf Grund ihrer Vorliebe für Sitzwarten auf Wegen regelmäßig Opfer von Kollisionen vor allem mit Fahr- und Motorrädern werden.