Blutrote Heidelibelle
Sympetrum sanguineum
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Sympetrum sanguineum ist eine holomediterrane Art und fast im gesamten Europa verbreitet. Ihre nördliche Verbreitungsgrenze verläuft von Irland über das mittlere Großbritannien nach Südskandinavien. In Südeuropa erstreckt sich ihre Verbreitung auf die nördliche Iberische Halbinsel sowie auf weite Teile Italiens, des Balkans und der Türkei (Dijkstra & Lewington 2006). In Deutschland, wie auch in den angrenzenden Niederlanden, ist S. sanguineum weit verbreitet und kommt in allen Landesteilen vor (Brockhaus et al. 2015, NVL 2002).
In Nordrhein-Westfalen ist S. sanguineum in allen Landesteilen vertreten und gehört zu den häufigen Arten. Sie fehlt in keiner Großlandschaft und ist auch in allen Höhenstufen anzutreffen, soweit dort besiedelbare Gewässer bestehen. Bei der Betrachtung der Fundortverteilung fällt auf, dass eine besonders hohe Nachweisdichte im Raum zwischen Emscher und Wupper und hier vor allem im Ruhrgebiet liegt. Dies beruht aber vermutlich auf einer vergleichsweise hohen Bearbeitungsdichte in diesem Raum. Landesweit zeichnet sich eine deutlich geringere Präsenz in den Mittelgebirgslagen ab, worauf bereits Kikillus & Weitzel (1981) hinweisen. Derzeit ist unklar, ob es sich bei der geringeren Funddichte in den Mittelgebirgslagen um Nachweisdefizite oder um eine tatsächliche Verbreitungslücke handelt. Die höchsten Nachweise in Nordrhein-Westfalen gelangen im Kreis Siegen-Wittgenstein in Höhenlagen von etwa 620 m ü.NN (Belz & Fuhrmann 2000).
Sympetrum sanguineum scheint sich zumindest in einigen Regionen in den letzten Jahrzehnten ausgebreitet zu haben. Belz & Fuhrmann (2000) konnten bis 1994 nur wenige Funde von S. sanguineum in ihrem Untersuchungsraum Kreis Siegen-Wittgenstein nachweisen. Erst ab 1994 nahm der Bestand rasch zu. Schlüpmann (1989) weist im Rahmen der Bearbeitung des Hagener Raums darauf hin, dass aus älteren Untersuchungen (Dobbrick 1934) keine Funde von S. sanguineum für das Sauerland vorliegen. Möglicherweise haben die warmen Jahre seit etwa 1990 auch die Ausbreitung von S. sanguineum in bislang unbesiedelte Naturräume Nordrhein-Westfalens gefördert.
Nach heutigem Kenntnisstand stellt S. sanguineum vermutlich die derzeit häufigste Sympetrum-Art in Nordrhein-Westfalen dar. Bereits Kikillus & Weitzel (1981) gaben die Art als „im ganzen Rheinland verbreitet“ an. Auch Gries & Oonk (1975) bezeichnen S. sanguineum im westfälischen Landesteil als im Allgemeinen zahlreich. Diese Einschätzungen zur Verbreitung von S. sanguineum in Nordrhein-Westfalen lässt sich auch aktuell bestätigen.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Sympetrum sanguineum ist bezüglich der besiedelten Fortpflanzungshabitate eine relativ plastische Art und besiedelt ein breites Spektrum verschiedener Stillgewässertypen. Als Fortpflanzungsgewässer werden in Nordrhein-Westfalen in erster Linie kleinere Stillgewässer wie Teiche, Tümpel, Weiher und Altarme sowie anthropogene Gewässertypen wie Abgrabungsgewässer, Regenrückhaltebecken und Gartenteiche besiedelt. Daneben werden aber auch Heide- und Moorgewässer für die Reproduktion genutzt. Die verschiedenen Fließgewässertypen wie Quellen, Bäche Flüsse und Kanäle stellen dagegen ebenso wie größere Seen und Stauseen nur in wenigen Fällen Fortpflanzungsgewässer dar. Lediglich von langsam fließenden Gräben und Bachstauungen liegen Fortpflanzungsnachweise vor. Auch hinsichtlich der die Fortpflanzungsgewässer umgebenden Landschaft zeigt S. sanguineum eine hohe Plastizität. Obwohl die meisten Gewässer von Grünland oder Brachen umgeben sind, werden auch im Laub- und Nadelwald gelegene Gewässer in ähnlicher Häufigkeit besiedelt. Daneben ist die Art auch regelmäßig an Gewässern zu finden, die von Äckern sowie von menschlichen Siedlungen, Gärten und Parks umgeben sind. Entsprechend ihrem Vorkommen an Moor- und Heidegewässern werden auch diese Lebensräume regelmäßig besiedelt.
Die meisten Fortpflanzungsgewässer von S. sanguineum in Nordrhein-Westfalen zeichnen sich durch eine reiche, gut strukturierte Ufer- und Wasservegetation mit Ufergehölzen, Uferröhrichten und -hochstauden sowie Schwimmblatt- und Unterwasservegetation aus. Daneben sind in der Regel auch niedrig wüchsige Uferfluren vorhanden. Diese dienen den Imagines als Sitzwarten für die in der Überschwemmungszone am Gewässerrand stattfindende Eiablage. Die häufige Nennung von Algenblüten ist ein deutlicher Hinweis auf den Nährstoffreichtum vieler Fortpflanzungsgewässer der Art. Die Eiablage von S. sanguineum findet zumeist in trocken gefallenen Uferpartien statt. Die Eier werden hier in die dichte Vegetation gestreut. Entsprechend findet sich die Art oftmals in Gewässern mit stark schwankenden Wasserständen und ausgedehnten Flachwasserzonen, die im Sommer trocken fallen können.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Sympetrum sanguineum ist eine typische Sommerart. Die Hauptflugzeit liegt im Zeitraum von Mitte Juli bis Anfang September. Imagines können zumindest in warmen Jahren bereits ab Anfang oder Mitte Juni beobachtet werden. In manchen Jahren erstreckt sich die Flugzeit bis in die letzte Oktoberdekade. Die Schlupfzeit beginnt ab Anfang Juni und endet zumeist im August. Einzelfunde von Exuvien bis in den Oktober hinein stammen vermutlich von bereits länger zurückliegenden Schlupfereignissen. Der früheste Nachweis der Art stammt vom 01.06.(2001), der späteste vom 12.11.(1999).
Gefährdung und Schutz
Sympetrum sanguineum gilt in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen als „ungefährdet“ (Ott et al. 2015; Conze & Grönhagen 2011).
In Nordrhein-Westfalen ist eine negative Bestandsentwicklung nicht zu erkennen und auf Grund allgemein stabiler Bestände auch nicht zu erwarten. Ausnahmen können sich in Jahren mit ungünstigem Witterungsverlauf ergeben, wovon grundsätzlich die meisten Libellenarten betroffen sein können. Hinzuweisen ist darauf, dass die Art, auch bei stabilen und zumeist hohen Bestandsdichten durch Verluste von günstigen Entwicklungshabitaten, insbesondere von Stillgewässern mit strukturreicher Vegetation in der Uferzone sowie im Gewässerkörper, betroffen sein kann. Ein weiterer gravierender Rückgang dieser Lebensräume ist derzeit dank gesetzlicher Regelungen und der allgemeinen behördlichen und ehrenamtlichen Naturschutzbemühungen nicht erkennbar. Zudem profitiert S. sanguineum wie zahlreiche weitere Libellenarten auch von der Anlage von Gartenteichen, die bei der Gestaltung von Hausgärten seit den 1970er Jahren beliebt sind. Insgesamt ist für S. sanguineum mittelfristig keine Bestandsbedrohung zu erwarten, so dass derzeit auch keine spezifischen Schutzmaßnahmen erforderlich sind.