Südliche Heidelibelle
Sympetrum meridionale
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Sympetrum meridionale ist eine holomediterran verbreitete Art, deren Areal sich von Nordafrika und der Iberischen Halbinsel über Südfrankreich, Italien und Südosteuropa bis in die Türkei erstreckt (Dijkstra & Lewington 2006). Es reicht ostwärts über den Mittleren Osten und das südliche Sibirien bis in die Mongolei. In Mitteleuropa tritt die Art nördlich der Alpen bislang nur vereinzelt als seltener Gast mit gelegentlicher Reproduktion auf (Sternberg & Buchwald 2000).
Aus Nordrhein-Westfalen liegen bisher 17 Nachweise von S. meridionale vor, die sich auf neun Fundorte verteilen. Die Art ist somit extrem selten. Die älteste Meldung von Krabs (1932) vom 03.08.1930 aus der Senne ist aus heutiger Sicht nicht ausreichend dokumentiert (Böhm 2002). Obwohl Rudolph (1989) diesen Fund für durchaus glaubwürdig hält, sind die von Krabs (1932) erwähnten Bestimmungsmerkmale („mit braunem Hinterleib und gelbroten Flügelwurzeln“) ohne Überprüfung von Belegmaterial nicht ausreichend, um die Angabe als Erstnachweis der Art in Nordrhein-Westfalen zu werten. In der Roten Liste für Nordrhein-Westfalen von 1998 (Schmidt & Woike 1999) wurde S. meridionale dementsprechend noch nicht zur Libellenfauna des Landes gezählt. Bereits Gries & Oonk (1975) erwähnen diesen Fund in ihrer Zusammenstellung der Libellen der Westfälischen Bucht nicht, obwohl die Originalarbeit von Krabs (1932) offenbar ausgewertet wurde.
Der erste durch ein Belegexemplar dokumentierte Nachweis und gleichzeitig der erste Fortpflanzungsnachweis von S. meridionale in Nordrhein-Westfalen gelang Böhm (2002) am 12.06.2000 durch den Fang eines frisch geschlüpften Exemplars im NSG Kirberger Loch bei Monheim [4807/3]. Der nächste Fund der Art stammt vom 01.07.2003 aus dem NSG Steinbruch Grube 7 und ehem. Klärteich bei Gruiten bei Haan [4708/3]. Auch hier handelte es sich um ein frisch geschlüpftes Einzeltier, dessen Schlupfgewässer aber nicht mehr eindeutig festgestellt werden konnte (Kordges 2006). Bemerkenswert ist, dass diese beiden ersten, wenigstens vorübergehend bodenständigen Funde von je einem frisch geschlüpften Individuum in Nordrhein-Westfalen im zweijährigen Abstand in vergleichsweise kurzer Entfernung zueinander gelangen. Beide Fundorte liegen im beziehungsweise am Rande des Rheintales und damit in einer wärmebegünstigten Lage.
Die wärmebedürftige Art wurde in Nordrhein-Westfalen bislang ausschließlich in Höhen von unterhalb 200 m ü.NN beobachtet. Weitere Meldungen liegen vom 03.09.2004 aus dem NSG Hellinghauser Mersch bei Lippstadt [4315/2] und vom 18.09.2004 aus dem NSG Teiche in der Heubachniederung [4109/3] vor. Hier gelang ein weiterer Fund im Jahr 2006. Weitere Funde folgten 2005 und 2006 im NSG Brink [4009/1] sowie 2006 an ehemaligen Tongruben im NSG Plümer Feld [4210/1]. Es folgten Funde 2006 und 2009 im NSG Lanstroper See in Dortmund [4411/1] sowie 2008 an einem Bergsenkungsgewässer im Waldteichgelände Oberhausen [4406/4], wo die Art auch aktuel noch regelmäßig angetroffen werden kann.
Zwei der 17 Funde (Kirberger Loch im Jahr 2000, Steinbruch Grube 7 im Jahr 2003) lassen durch Funde frisch geschlüpfter Individuen auf wenigstens vorübergehend bodenständige Vorkommen schließen, zwei weitere (NSG Brink im Jahr 2006, Waldteichgelände Oberhausen im Jahr 2008) durch Beobachtung von Eiablagen auf potentielle Bodenständigkeit.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Als typische Lebensräume von Sympetrum meridionale werden besonnte, sich schnell erwärmende, flache Kleingewässer mit einer üppigen Wasservegetation beschrieben. Sie weisen häufig stark schwankende Wasserstände auf oder können im Sommer gänzlich trocken fallen (Sternberg & Buchwald 2000). Dies trifft auch auf den von Böhm (2002) beschriebenen ersten Fundort eines frisch geschlüpften Tieres in der Rheinaue bei Monheim sowie auf einen weiteren nordrhein-westfälischen Fundort in der Lippeaue bei Lippstadt zu. Auch bei dem Fundort eines ebenfalls frisch geschlüpften Tieres bei Haan handelte es sich um einen wärmebegünstigten Standort in einem ehemaligen Kalksteinbruch. Hier kommen als mögliche Reproduktionsgewässer zwei sonnenexponierte, flache und weitgehend vegetationsfreie Folienteiche sowie ein ebenfalls besonntes Einleitungsgewässer in Betracht. Dieses erreicht aber auf Grund der Speisung mit Bachwasser und der größeren Tiefe weniger hohe Wassertemperaturen. Auch hier konnten sich aber ebenfalls sehr flache zum Teil wenige Wochen bis mehrere Monate wasserführende Überlaufgewässer bilden, die als Reproduktionsgewässer für S. meridionale in Frage kommen könnten. Weitere Funde in Nordrhein-Westfalen stammen von ehemaligen Abgrabungsgewässern und Tongruben, Bergsenkungen und Flachgewässern.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Die Nachweise von Sympetrum meridionale aus Nordrhein-Westfalen liegen zwischen Mitte Juli und Mitte Oktober. Die wenigen Funde lassen jedoch kaum nähere Aussagen zur Phänologie zu. Der früheste Nachweis stammt vom 12.07.(2007) und der späteste vom 14.10.(2006).
Gefährdung und Schutz
Sympetrum meridionale wird in Deutschland als „ungefährdet“ eingestuft (Ott et al. 2015), in Nordrhein-Westfalen gilt sie nach Conze & Grönhagen (2011) als „Dispersalart“, für die eine Gefährdungseinschätzung auf Grund der wenigen Funde nicht möglich ist.
Nordrhein-Westfalen liegt außerhalb des geschlossenen Verbreitungsgebietes von S. meridionale. Die Seltenheit dieser mediterranen Art ist daher allein auf biogeographische und ökologische Faktoren zurückzuführen. Eine direkte Gefährdung auf Grund anthropogener Einflüsse ist daher nicht gegeben. Allerdings könnte die Art ähnlich wie Sympetrum flaveolum (Gefleckte Heidelibelle), Lestes barbarus (Südliche Binsenjungfer), Aeshna affinis (Südliche Mosaikjungfer) und andere Libellen periodisch Wasser führender Kleingewässer in Zukunft von der Schaffung solcher Gewässertypen etwa im Rahmen von Abgrabungen sowie von der Wiederherstellung einer natürlichen Auendynamik profitieren.
Es ist denkbar, dass S. meridionale, ähnlich wie Sympetrum fonscolombii (Frühe Heidelibelle) und andere mediterrane Libellenarten, im Zuge klimatischer Veränderungen häufiger in Nordrhein-Westfalen auftritt und sich an weiteren Orten bodenständige Vorkommen etablieren. Diese Entwicklung sollte weiter verfolgt und dokumentiert werden. Möglicherweise ist die Art in der Vergangenheit auch übersehen worden. Hierfür spricht auch, dass es sich bei den beiden ersten Funden der Art in Nordrhein-Westfalen seit 1995 um frisch geschlüpfte Individuen handelte, die also bereits aus folgenden Generationen zuvor eingeflogener Individuen stammten. Eine gezielte Nachsuche könnte daher in Zukunft noch weitere Funde und weitere Fortpflanzungsnachweise der Art ergeben. Hierfür geeignet erscheinen wärmebegünstigte Flachgewässer, insbesondere in Flussauen, an denen möglicherweise auch andere südliche Libellenarten vorkommen können.