Grüne Flussjungfer
Ophiogomphus cecilia
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Ophiogomphus cecilia ist eine eurasiatische Art mit einem Verbreitungsschwerpunkt in Osteuropa. Davon isolierte und zum Teil erloschene Vorkommen in West- und Südeuropa deuten auf eine ehemals weitere Verbreitung in den Niederlanden, Luxemburg, Frankreich, Deutschland und Italien hin (Dijkstra & Lewington 2006). In den Niederlanden kommt die Art momentan ausschließlich in den südöstlichen Landesteilen vor, wo Vorkommen 2000 an der Roer (Geraeds 2000) und 2006 an der Schwalm (Schaik & Geraeds 2007) – im Grenzbereich zu Nordrhein-Westfalen - entdeckt wurden. Für Deutschland lassen historische Angaben vermuten, dass die Art weiter verbreitet war. In den 1970er und 1980er Jahren gab es hingegen lediglich Nachweise aus einigen Teilen Süd- und Ostdeutschlands (Kuhn & Burbach 1998; Phoenix et al. 2001), sowie aus der Lüneburger Heide in Niedersachsen (Altmüller et al. 1989). In den letzten 15 Jahren gelangen zahlreiche Wieder- und Neufunde in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz sowie in Nordrhein-Westfalen selbst (Hunger et al. 2006; Reder 2001; Conze & Göcking 2001). Aktuell liegen aus allen Bundesländern mit Ausnahme von Schleswig-Holstein Fundmeldungen der Art aus dem Zeitraum nach 1985 vor (Müller & Schorr 2001).
O. cecilia zählt zu den extrem seltenen Arten in unserem Bundesland. Die älteste Angabe stammt von Kolbe (1879), der von einem Exemplar aus der Umgebung von Dorsten in der Insektensammlung Schreiber berichtet. Weitere Funde stammen aus dem Koningsveen am Südrand des Klever Reichswaldes [4202/1] (Höppner 1912), vom Rhein bei Baerl [4506/1] (Brücker et al. 1910) und Kaiserswerth [4606/3] (le Roi 1915a) sowie von der Siegmündung [5208/1] (Schmidt 1926). Zwischen 1920 und 1999 wurden keine Nachweise für O. cecilia aus Nordrhein-Westfalen bekannt. Die Art wurde daher von Schmidt & Woike (1999) als ausgestorben eingestuft.
Seit dem Jahr 1999 liegen jedoch aktuelle Beobachtungen aus dem Einzugsgebiet der Sieg (Irle & Conze 2002) und mehreren Abschnitten des Rheins zwischen Dormagen und Duisburg vor, wo Exuvienfunde die Bodenständigkeit der Art belegen. Zuvor war die Art bereits 1997 auch an der Diemel im nordrhein-westfälisch-hessischen Grenzgebiet als Einzeltier auf hessischer Seite beobachtet worden. Auch im äußersten Westen Nordrhein-Westfalens gelangen in den letzten Jahren neue Funde für O. cecilia. Nachdem die Art in den Niederlanden bereits 1995 in der südlichen Provinz Limburg erstmals nach mehr als 50 Jahren wieder nachgewiesen worden war, erfolgten im Jahr 2000 Erstnachweise an der Roer, dem niederländischen Abschnitt der Rur (Geraeds & Hermans 2000). An der Schwalm gelangen erste Funde von O. cecilia im deutsch-niederländischen Grenzgebiet 2006 (Schaik & Geraeds 2007). 2008 wurde die Art in einem weiteren Bach des Rur-Einzugsgebietes im deutsch-niederländischen Grenzgebiet nachgewiesen, nun erstmals auch auf der deutschen Seite (Geraeds 2009). Larvenfunde belegen die Bodenständigkeit dieser Population. Im August und September 2009 erfolgten weitere Funde entlang der Rur und deren Nebenfluss Wurm im Kreis Heinsberg sowie an der Lippe im Kreis Soest. Hier konnte im Jahr 2012 entlang der Lippe im Kreis Soest vor allem in renaturierten Abschnitten eine kleine bodenständige Population nachgewiesen werden (Conze & Joest 2013). Mit Ausnahme zweier Einzelfunde ohne Bodenständigkeitsnachweis im oberen Teil des Sieg-Einzugsgebietes liegen alle Vorkommen im Tiefland unterhalb von 100 m. Die aktuellen Nachweise sind dabei sowohl auf verstärkte Kartieraktivität mit der Suche nach Exuvien und die Verbesserung der Wasserqualität und der Gewässerstrukturen der nordrhein-westfälischen Fließgewässer zurückzuführen. Eine weitere Ausbreitung dieser Art in Nordrhein-Westfalen ist hoch wahrscheinlich.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Wie in anderen Teilen Mitteleuropas besiedelt Ophiogomphus cecilia auch in Nordrhein-Westfalen Fließgewässer unterschiedlicher Größe. Dies sind zum einen die Unterläufe kleinerer bis mittelgroßer Flüsse wie der Sieg und der Rur, zum anderen findet sich die Art am Niederrhein auch in einem großen Strom des Tieflandes mit überwiegend feineren Sedimenten und geringem Sohlgefälle. Die Art ist somit weitgehend auf die tieferen Lagen unterhalb 100 m ü.NN beschränkt. Die Fundorte an der Schwalm und an der Unteren Rur weisen schluffige bis feinsandige Substrate mit für das Flachland relativ hohen Fließgeschwindigkeiten auf (Geraeds & Schaik 2005). Am Niederrhein werden vor allem die strömungsberuhigten Zwischenbuhnenfelder besiedelt. Die Schlupfdichten sind hier relativ gering, es liegen nur Einzelfunde von Exuvien vor (Linke 2009).
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Die wenigen aus Nordrhein-Westfalen stammenden Nachweise, die Aussagen zur Phänologie zulassen, stammen aus dem Zeitraum zwischen Ende Juni und Mitte September. Sie spiegeln damit die lange Flugzeit von Ophiogomphus cecilia wider, die sich in Mitteleuropa von Ende Mai bis Mitte Oktober erstrecken kann (Suhling & Müller 1996). In den südöstlichen Niederlanden wurde die Art zwischen Anfang Juni und Mitte September nachgewiesen (Bouwman et al. 2008).
Gefährdung und Schutz
Ophiogomphus cecilia steht in Deutschland auf der „Vorwarnliste“ (Ott et al. 2015) und ist in Nordrhein-Westfalen „vom Aussterben bedroht“ (Conze & Grönhagen 2011). Die Art ist in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie aufgeführt und gehört zu den streng geschützten Arten.
Auf Grund der wenigen Daten ist zurzeit noch keine Aussage zur Gefährdung in NRW möglich, aufgrund der Ausbreitungstendenz aber eher nicht anzunehmen.