Mond-Azurjungfer
Coenagrion lunulatum
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
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Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Coenagrion lunulatum ist eine eurosibirische Art mit einem Verbreitungsschwerpunkt in Sibirien. In Mitteleuropa erstreckt sich das Hauptverbreitungsgebiet von Polen über Deutschland bis in die Niederlande, wo der Westrand des zusammenhängenden Verbreitungsgebietes erreicht wird. Isolierte Vorkommen sind weiterhin aus Irland und Frankreich sowie aus mehreren südlich des Hauptverbreitungsgebietes gelegenen Ländern bekannt (Dijkstra & Lewington 2006). Innerhalb Deutschlands besitzt die Art in den Moorlandschaften Nordwestdeutschlands (insbesondere Niedersachsen und nördliches Nordrhein-Westfalen) sowie den Jungmoränenlandschaften Ostdeutschlands ihre wesentlichen Vorkommensschwerpunkte (z.B. Schmidt 1985a; Schorr 1990), während aus dem süddeutschen Raum nur spärliche Nachweise vorliegen (z.B. Kuhn & Burbach 1998; Sternberg & Buchwald 1999; Meßlinger & Winterholler 2003).
Coenagrion lunulatum ist eine seltene Art in Nordrhein-Westfalen, wobei aktuelle Nachweise nur aus dem Flachland vorliegen. Der höchste Fundort ohne Nachweis der Bodenständigkeit liegt auf 320 m ü.NN (NSG Eselsbett bei Lichtenau [4319/4])
Coenagrion lunulatum wurde auch historisch für Westfalen als „sehr selten“ bezeichnet (Gries & Oonk 1975). Ein Großteil der historischen, insbesondere aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts stammenden Vorkommen, konnten aktuell nicht mehr bestätigt werden. Die wenigen aktuellen Nachweise stammen größtenteils aus den Moor- und Heidegebieten der Kreise Borken (Olthoff & Ikemeyer 2003), Steinfurt und Minden-Lübbecke (Geschke 2005), die zu den großen niedersächsischen Vorkommen in den Naturräumen Ems-Hunte-Geest und Dümmer-Geestniederung überleiten (vgl. Ewers 1999). Wenige Nachweise liegen ferner aus der Senne vor (D. Hahn schriftl. Mitt.).
Auch im Niederrheinischen Tiefland, wo die Art früher gehäuft vorkam (z.B. Greven 1970), ist sie stark zurückgegangen und nur noch selten anzutreffen (Jödicke et al. 1989). Aktuelle Nachweise liegen lediglich aus den NSG’s Krickenbecker Seen [4603/2], Lüsekamp und Boschbeek [4802/2], Großes Venn [4205/3] und Hiesfelder Wald [4407/1] vor. Ehemalige Vorkommen in der Wahner Heide konnten in den letzten Jahren nicht mehr bestätigt werden konnten.
Coenagrion lunulatum ist in Nordwestdeutschland hauptsächlich in nährstoffarmen Moor- und Heidegebieten anzutreffen. Die kontinentale Art scheint im atlantischen Klimabereich disjunkt solche Lebensräume zu besiedeln, die ein dem kontinentalen Klima angenähertes Ökoklima besitzen (vgl. Schorr 1990). Die Art zeigt nach Schmidt (1985a) hier eine lokale Hochmoorpräferenz. Die Präferenz für meso- bis oligotrophe Moor- und Heidegewässer wird auch aus anderen atlantisch geprägten Regionen Europas beschrieben [z.B. Irland (Nelson 1999; Corbet & Brooks 2008), Niederlande (NVL 2002)], während C. lunulatum in kontinentaleren Regionen [z.B. Ostdeutschland (Samu 1997; Mauersberger 2000), Polen (Bernard et al. 2009)] auch nährstoffreichere Kleingewässer wie Feldsölle oder Abgrabungsgewässer besiedelt.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen besiedelt die Art überwiegend (Hoch-)Moore und deren Randbereiche, vereinzelt ist Coenagrion lunulatum auch an Heideweihern und nährstoffärmeren Kleingewässern anzutreffen. Die bekannten Fortpflanzungsgewässer sind klein bis mittelgroß und durch niedrigwüchsige, weitestgehend gehölzfreie Uferbereiche gekennzeichnet. Die Ufervegetation besteht zumeist aus kleinwüchsigen, schmalblättrigen Röhrichten, die eine vertikale Struktur aufweisen (häufig Binsen-, Seggen- oder Wollgrasbestände). An vielen Fortpflanzungsgewässern konnten Bestände von submerser Vegetation wie beispielsweise Persicaria amphibia (Wasser-Knöterich), Potamogeton spp. (Laichkraut-Arten) oder flutende Torfmoosbestände (Sphagnum spp.) angetroffen werden.
Meist tritt C. lunulatum nur in geringer Abundanz auf. Die Eiablage erfolgt in der Regel in senkrechte Vegetationsstrukturen, oftmals in lichte, niedrigwüchsige Uferröhrichte aus beispielsweise Eleocharis palustris (Gewöhnliche Sumpfbinse) oder Juncus effusus (Flatter-Binse). Rückriem (2007) berichtet von einem etwa viertelstündigen Tauchgang eines Tandems während der Eiablage in einer Tiefe von etwa 20 cm. In den Mooren des Westmünsterlandes gelang mehrfach die Beobachtung von Eiablagen in flutende Torfmoosteppiche.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Coenagrion lunulatum ist in Nordrhein-Westfalen von Mitte April bis Ende Juli zu beobachten, wobei die Hauptflugzeit jedoch nur sehr kurz ist und sich lediglich auf den Monat Mai erstreckt. Die meisten Exuvienfunde gelangen in den ersten beiden Mai-Dekaden. Die früheste Beobachtung stammt vom 15.04. (2007), die späteste vom 22.07. (1991). Auf Grund der in den meisten Jahren sehr kurzen Flugzeit ist für den Nachweis der Art geeignete Witterung (Schönwetterperiode) im Mai unbedingt zu nutzen.
Gefährdung und Schutz
Coenagrion lunulatum wird derzeit in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft (Ott et al. 2015; Conze & Grönhagen 2011).
In Mitteleuropa kommt Deutschland eine besondere Verantwortung für den Schutz von C. lunulatum zu, da zusammenhängende Vorkommen sonst nur aus Polen und den Niederlanden bekannt sind (Samu 1997; Bernard et al. 2009).
Wesentliche Gefährdungsursachen für die Art sind die Zerstörung und Beeinträchtigung der Moore, die Grundwasserabsenkung und die Eutrophierung der Fortpflanzungsgewässer (Binot-Hafke et al. 2000). Ferner ist davon auszugehen, dass die Klimaveränderung einen negativen Einfluss auf diese kontinental verbreitete Art hat. Eine weitere Gefährdung geht von der zunehmenden Sukzession der niedrigwüchsigen Uferbereiche der Fortpflanzungsgewässer aus (z. B. Verbuschung mit Weiden oder Entwicklung eines zu dichten Binsensaums). In den Mooren und Heiden des Westmünsterlandes wird beispielsweise versucht, die Uferbereiche durch regelmäßige und kurzzeitige Schafbeweidung offen zu halten. Durch die Neuanlage von Gewässern („altbäuerliche Torfstiche“ oder Kleingewässer vorzugsweise in direkter Umgebung eines bestehenden Vorkommens), kann C. lunulatum und weiteren Moorlibellen gezielt geholfen werden (vgl. Olthoff & Ikemeyer 2002). Generell sollte für C. lunulatum ein Artenschutzprogramm in Nordrhein-Westfalen entwickelt werden.