Kleine Königslibelle
Anax parthenope
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Anax parthenope ist ein pontomediterranes Faunenelement mit einem Verbreitungszentrum im Mittelmeerraum. Im Norden reicht das Areal der Art über die Niederlande und Norddeutschland bis nach Nordpolen. In Norddeutschland hat sie einen Verbreitungsschwerpunkt, der sich vom südöstlichen Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis in das Seengebiet Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs erstreckt (Martens & Müller 1989; Mauersberger et al. 2002). Westlich dieses Gebietes wurde die Art bis Mitte der 1990er Jahre nur sehr vereinzelt beobachtet. In den südlich an Nordrhein-Westfalen angrenzenden Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen lagen bis in die 1990er Jahre hinein lediglich Funde aus der Oberrheinebene vor (Niehuis 1984; Flößer & Winkel 1994). In jüngster Zeit hat sich die Art hier ausgebreitet und zählt mittlerweile in Teilen Hessens zu den Aeshniden mit der weitesten Verbreitung (Stübing et al. 2010).
Anax parthenope gehört in Nordrhein-Westfalen zu den sehr seltenen Arten. Die Vorkommen beschränken sich weitgehend auf das Niederrheinische Tiefland, die Niederrheinische und die Westfälische Bucht sowie das Weserbergland. Aus den Höhenlagen über 100 m ü.NN gibt es lediglich zwei Einzelbeobachtungen, wobei der höchste Fundpunkt nur wenig über 200 m ü.NN am Möhnesee [4514/2] liegt. Eine sichere Bodenständigkeit ist für A. parthenope bislang nur in wenigen wärmebegünstigten Gebieten in der Niederrheinebene nachgewiesen. Ob sich die Art in anderen Landesteilen dauerhaft etablieren wird, bleibt abzuwarten.
Der Erstfund für Nordrhein-Westfalen gelang Lempert (1984) am 21.07.1983 an einem Rekultivierungsgewässer in der Ville [5107/3]. In den folgenden Jahren wurde A. parthenope vereinzelt in der Umgebung von Köln in der Niederrheinischen Bucht beobachtet (Weitzel 1988). Mittlerweile wurde die Art im Rheinland an zahlreichen Rekultivierungs- und Abgrabungsgewässern oftmals bodenständig nachgewiesen (z.B. Menke & Olthoff 2008).
Für den Landesteil Westfalen erbrachte Schmidt (1997) den Erstnachweis am 15.08.1991 im NSG Teiche in der Heubachniederung [4109/3], wo die Art auch 2010 noch beobachtet wurde (E. Schmidt schriftl. Mitt.). Aktuelle Beobachtungen Eier legender Tandems von A. parthenope sind ferner aus dem NSG Heiliges Meer [3611/2+4] bekannt, wo die Art über mehrere Jahre beobachtet werden konnte (Menke 2010). Im Weserbergland wurde die Art erstmals 2001 gesichtet, wo die Art bislang ausschließlich an Abgrabungsgewässern nachgewiesen wurde. Auch hier liegen mittlerweile mehrfach Beobachtungen Eier legender Tandems vor.
In Nordrhein-Westfalen erfolgte eine deutliche Zunahme von Fundmeldungen ab etwa 1998 vor allem in der Niederrheinischen Bucht, im Niederrheinischen Tiefland sowie in der Westfälischen Bucht. Auf Grund der Zunahme der Nachweise vor allem seit den 1990er Jahren vermuten einige Autoren eine Arealerweiterung, die sowohl von den im östlichen Mitteleuropa gelegenen Vorkommen westwärts (Mauersberger et al. 2002) als auch aus dem Oberrheintal in nördlicher Richtung ausgegangen sein dürfte. Dies wird von Ott (2000) auf die in den letzten Jahrzehnten beobachtete Klimaerwärmung zurückgeführt. Die Vorkommen im westlichen Nordrhein-Westfalen am Mittel- und Niederrhein dürften auf eine Zuwanderung über die südlich gelegene Oberrheinebene zurückzuführen sein (Lempert 1984), während die im Weserbergland in der Oberwesertalung beobachteten Tiere vermutlich aus Ostniedersachsen und Sachsen-Anhalt zugeflogen sind.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Geeignete Fortpflanzungshabitate von Anax parthenope finden sich in Nordrhein-Westfalen vor allem in den wärmebegünstigten Niederungen der größeren Flusstäler wie Rhein und Weser, wo die Art fast ausschließlich Sekundärlebensräume besiedelt. Hierzu zählen vor allem Abgrabungsgewässer, ehemalige Braunkohlentagebauseen oder Stauseen . Viele der Gewässer unterliegen einer intensiven Erholungsnutzung, beispielsweise durch Angler und Badende. Die Größe der besiedelten Gewässer liegt dabei zumeist über 5.000 m² bei einer maximalen Wassertiefe von mehreren Metern. Die meisten Fundorte sind charakterisiert durch das Vorhandensein von Schwimmblatt- und Unterwasservegetation sowie Röhrichtbeständen (Phragmites australis), an denen die pattroulierenden Männchen beobachtet werden können. Eiablagen wurden in Nordrhein-Westfalen fast ausschließlich an solchen Strukturen beobachtet. Dabei werden die Eier in der Regel im Tandem abgelegt.
Ausnahmsweise werden auch kleinere Gewässer mit einer geringeren Wassertiefe besiedelt. So fand Böhm (2003) an einem künstlich angelegten, nur 1.500 m² großen und 1,5 m tiefen Gewässer der Rheinebene bei Düsseldorf Exuvien der Art. Abweichend von den sonst beobachteten Habitatpräferenzen wies dieses Gewässer keine Schwimmblatt- oder Unterwasservegetation auf. Zumindest in wärmebegünstigten Regionen wie der Rheinniederung werden somit auch kleinere Gewässer mit spärlicher Deckung der Vegetation von A. parthenope angenommen.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Die Flugzeit von Anax parthenope beginnt in Nordrhein-Westfalen in der Regel Ende Mai. Im warmen Frühjahr 2007 gelang ausnahmsweise bereits Anfang Mai eine einzelne Schlupfbeobachtung. Das Ende der Flugzeit liegt zumeist im August. In der Regel dürfte die Art in Mitteleuropa uni- oder semivoltin sein und damit eine ein- bis zweijährige Larvalentwicklung aufweisen (Sternberg & Buchwald 2000; Corbet et al. 2006). Böhm (2003) fand im August und September der Jahre 2002 und 2003 Exuvien an dem oben beschriebenen Gewässer der Rheinebene bei Düsseldorf und deutete diese als Hinweise auf einen bivoltinen Entwicklungszyklus der Art in diesem wärmebegünstigten Gewässer. Weitere Daten zur Schlupfphänologie in Nordrhein-Westfalen fehlen. Die früheste Beobachtung von A. parthenope gelang am 03.06.(2008), die späteste am 15.09.(2007).
Gefährdung und Schutz
Anax parthenope wird von Ott et al. (2015) in Deutschland als „ungefährdet“ eingestuft, in Nordrhein-Westfalen sind nach Conze & Grönhagen (2011) die Daten für eine Gefährdungseinschätzung auf Grund der wenigen Funde unzureichend. Die Art wird als Dispersalart eingestuft.
Da die Anzahl der Vorkommen und die Bestände der Art in Nordrhein-Westfalen momentan offensichtlich zunehmen und sich Bodenständigkeitsnachweise und -hinweise mehren, ist der Status als Dispersalart vermutlich nicht mehr angemessen. Eine konkrete Gefährdung ist momentan nicht anzunehmen, eine potentielle Gefährdung könnte aber von der Eutrophierung oder übermäßigen Freizeitnutzung der Fortpflanzungsgewässer ausgehen.