Südliche Mosaikjungfer
Aeshna affinis
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Aeshna affinis gilt als holomediterranes Faunenelement und hat ihren Verbreitungsschwerpunkt im Mittelmeerraum. Die Art besiedelt außerdem weite Teile des mittleren Ostens und Zentralasiens, wo sie in Russland und Kasachstan bis etwa 55° N vordringt (Peters 1987). In Europa gab es nördlich der Alpen bis in die 1990er Jahre hinein lediglich Einzelnachweise, die sowohl zeitlich als auch räumlich weit gestreut lagen. Auf Grund dessen galt A. affinis lange Zeit als Invasionsart. Ab Mitte der 1990er Jahre stieg die Anzahl der Nachweise in Nordrhein-Westfalen – wie im gesamten Mitteleuropa – stark an. Nach Müller & Schorr (2001) liegen seit 1985 Fundmeldungen aus allen Flächenbundesländern vor. In Niedersachsen wurde die Art erstmals 1994 im Drömling (Ostniedersachsen) beobachtet (Martens & Gasse 1995). 1996 gelangen dort Fortpflanzungsnachweise durch Exuvienfunde (Drees et al. 1996). Die ersten Einzelnachweise aus Hessen gelangen Anfang der 1990er Jahre und waren auf den Oberrheingraben und die angrenzenden Räume beschränkt (Flößer & Winkel 1994). Zwischen 2000 und 2003 wurde die Art erstmals auch in Nordhessen beobachtet (Gottschalk & Stübing 2003), wobei 2007 der erste Bodenständigkeitsnachweis im Wetteraukreis gelang (Stübing et al. 2008). In Rheinland-Pfalz gelangen zahlreiche Funde ab 1960 vor allem entlang des Oberrheingrabens (Niehuis 1984). Eine Bodenständigkeit von A. affinis wurde in diesem Bundesland erstmals 1997 festgestellt (Ott 1997). Aus den benachbarten Niederlanden waren bis 1995 vier Beobachtungen der Art bekannt, die ersten Bodenständigkeitsnachweise gelangen 2005 (Bouwman et al. 2008).
Aeshna affinis gehört zu den seltenen Arten in Nordrhein-Westfalen und besiedelt hier fast ausschließlich Höhenlagen bis 200 m ü.NN. Ihre Vorkommensschwerpunkte hat die Art in der Westfälischen Bucht und im Niederrheinischen Tiefland, wo sie vor allem in den Tallagen des Rheins, der Lippe und der Ems zu finden ist. Außerdem kommt A. affinis in der Niederrheinischen Bucht sowie in den tieferen Lagen des Weserberglandes vor, wo sich die aktuellen Nachweise weitgehend auf die wärmebegünstigte Oberweserniederung beschränken. Bis 1980 lagen für Nordrhein-Westfalen lediglich drei Funde aus der Westfälischen Bucht und dem angrenzenden Weserbergland vor (Kriege 1914; Krabs 1932; Tegtmeyer 1970). 1982 erfolgte der Erstfund für das Rheinland durch Weitzel (1988) bei Köln. Zwischen 1987 und 1994 gelangen insgesamt vier weitere Einzelfunde. Ab 1995 stieg die Anzahl der Beobachtungen stark an. So wurde die Art bis 2005 jährlich an bis zu sechs weiteren Gewässern erstmals nachgewiesen. Außergewöhnlich viele Beobachtungen gelangen im trocken-warmen Sommer 2006, in dem Erstnachweise an 30 Gewässern erbracht wurden. Sowohl die Anzahl der Vorkommen als auch die Häufigkeit dieser sehr unregelmäßig auftretenden Art unterliegen somit starken Schwankungen, weshalb der Erfassungsgrad der Art vergleichsweise gering sein dürfte. Verwechslungen mit Aeshna mixta (Herbst-Mosaikjungfer) insbesondere vor dem verstärkten Auftreten der Art in den 1990er Jahren dürften ebenfalls dazu geführt haben, dass die Art übersehen wurde.
Aeshna affinis tritt in Nordrhein-Westfalen an fast allen Fundpunkten in geringer Dichte auf. In günstigen Jahren ist die Art oft an einer Vielzahl von Gewässern zu beobachten; nur für wenige Vorkommen liegen jedoch Nachweise aus mehreren Jahren vor. Eine dauerhafte Besiedlung dürfte daher nur an einigen Gewässern erfolgt sein. Die für die Art limitierenden Faktoren stellen insbesondere die sommerlichen und nicht so sehr die winterlichen Temperaturverhältnisse dar (Drees et al. 1996). Wenngleich einige Autoren die Zunahme der Beobachtungen von A. affinis seit 1990 auch als eine Folge der verstärkten Beobachtungsintensität sehen, dürften vor allem die warmen Sommer seit Mitte der 1990er Jahre die Ausbreitung der Art stark gefördert haben.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Die Art besiedelt Gewässer, die zumindest jahrweise starke Wasserschwankungen aufweisen und im Sommer austrocknen können. Die Gewässer sind meist von dichten emersen Ried- oder Röhrichtbeständen bewachsen, die beispielsweise aus Glyceria maxima (Wasser-Schwaden), Sparganium erectum (Ästiger Igelkolben), Butomus umbellatus (Schwanenblume) oder Typha maxima (Breitblättriger Rohrkolben) gebildet werden. Bevorzugt werden sehr flache Gewässer, die nicht durch Gehölze beschattet werden. Dies ermöglicht der Art durch entsprechend hohe Wassertemperaturen vor allem im Frühjahr eine schnelle Larvalentwicklung, die vor einer sommerlichen Austrocknung abgeschlossen werden kann. Offene Wasserflächen sind im Sommer oft nicht mehr oder nur noch in sehr geringer Ausdehnung vorhanden. Die Größe der Fortpflanzungsgewässer ist – bei mittleren Wasserständen – meist relativ gering, im Oberweserraum liegt sie unter 100 m². In tieferen Gewässern werden in der Regel nur Flachwasserzonen besiedelt, die zeitweilig austrocknen. Ausnahmsweise wurde die Art auch an einem größeren Gewässer mit einer geringen Deckung der emersen Vegetation in der Lippeniederung bodenständig gefunden (Bauhus 1996a, b). Geeignete Fortpflanzungshabitate von A. affinis finden sich vor allem in den größeren Flusstälern. Die meisten der bodenständigen Vorkommen liegen dementsprechend in den Überschwemmungsbereichen des Rheins, der Lippe und der Weser. Die Art kommt auch in Sekundärlebensräumen wie Abgrabungen und Steinbrüchen vor, wenn dort für einige Zeit flache, zumindest in Teilen temporäre Gewässer entstehen. Sie wird regelmäßig an flachen Bergsenkungsgewässern, Feuchtwiesenblänken und Laubfroschtümpeln angetroffen, die im Sommer teilweise oder ganz austrocknen können.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Zur Schlupfphänologie liegen insgesamt nur wenige Daten vor. Danach beginnt die Schlupfzeit von Aeshna affinis in Nordrhein-Westfalen in günstigen Jahren ab Anfang Juni mit dem frühesten Nachweis vom 06.06.(1996) und endet Anfang August mit dem spätesten Exuvienfund vom 02.08.(2011). Da Flugbeobachtungen erst ab Ende Juni vorliegen, ist von einer relativ langen, zumeist mehrwöchigen Reifephase auszugehen. Die meisten Beobachtungen von Imagines wurden in der ersten Augustdekade gemacht. Ab Mitte August ist der Höhepunkt der Flugzeit deutlich überschritten, sie endet meist in den ersten Septembertagen. Der späteste vorliegende Nachweis der Art stammt vom 18.09.(2008).
Gefährdung und Schutz
Aeshna affinis gilt in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen als „ungefährdet“ (Ott et al. 2015; Conze & Grönhagen 2011).
Nordrhein-Westfalen liegt an der nördlichen Arealgrenze von A. affinis in Mitteleuropa und das Auftreten der Art ist zudem starken witterungsbedingten Schwankungen unterworfen. Die Daten lassen jedoch auf eine zumindest lokale Ausbreitung der Art in einigen Teilen Nordrhein-Westfalens schließen. Viele potentiell geeignete Lebensräume der Art sind in den letzten Jahrzehnten durch Verfüllen von Senken, Flussbegradigung und andere Maßnahmen zerstört worden. So waren unter natürlichen Bedingungen vor allem in den Flusslandschaften Gewässer mit starken Wasserstandsschwankungen weit verbreitet. Durch den Verlust an Auen- und Hochflutdynamik sind viele von ihnen jedoch verloren gegangen. Da die meisten Fortpflanzungshabitate hochwasserbeeinflusste Gewässer der Flussauen sind, kann diese Art durch Auenregenerationsmaßnahmen gefördert werden. Vorrangig ist die Wiederherstellung von Gewässern, die der natürlichen Überflutungsdynamik unterliegen und dementsprechende Wasserstandsschwankungen aufweisen. Erfolgskontrollen von Auenregenerationsprojekten an der Lippe und an der Oberweser haben gezeigt, dass die Art von entsprechenden Renaturierungsmaßnahmen profitiert hat (Joest 2002; Lohr 2010).